Erlässe zu Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerbende sind gesetzwidrig
Zwei Erlässe aus dem Jahr 2018 bzw. 2004, die die Beschäftigung von Asylwerbenden eingeschränkt haben, sind gesetzwidrig. Die betreffenden Bestimmungen der Erlässe sind nämlich als Verordnungen einzustufen. Als solche hätten sie aber im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden müssen. Da eine derartige Kundmachung nicht erfolgt ist, hat der VfGH diese Bestimmungen als gesetzwidrig aufgehoben. Diese Entscheidung des VfGH wurde heute den Verfahrensparteien zugestellt.
Aus Anlass der Beschwerde einer Spenglerei hatte der VfGH in der März-Session 2021 beschlossen, von Amts wegen ein Verordnungsprüfungsverfahren zum Erlass von Bundesministerin Beate Hartinger-Klein (BMASK) vom 12. September 2018 sowie zu einem Erlass von Bundesminister Martin Bartenstein (BMWA) vom 11. Mai 2004 einzuleiten. Aus diesen Erlässen folgt, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerbende nur bei befristeten Beschäftigungen in der Saisonarbeit oder der Erntehilfe erteilt werden dürfen.
Das Verordnungsprüfungsverfahren hat bestätigt, dass sich diese Erlässe nicht in einer bloßen Information über die geltende Rechtslage erschöpfen, sondern darüber hinaus verbindliche (einschränkende) Regelungen über die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerbende enthalten. Nach dem Gesetz ist eine Beschäftigungsbewilligung für seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassene Asylwerbende möglich, wenn entweder der Regionalbeirat des Arbeitsmarktservice (AMS) zustimmt oder die Beschäftigung befristet ist. Die Erlässe schränken dies aber ausdrücklich in dem Sinn ein, dass Bewilligungen nur im Rahmen von Kontingenten für Saisonarbeit und Erntehilfe zu erteilen sind. Dies bedeutet, dass etwa für eine Lehrstelle in einem Mangelberuf keine Beschäftigung bewilligt wird, auch wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulassen würde und keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen.
Wegen dieser verbindlichen Regelungen handelt es sich bei den betreffenden Bestimmungen um Verordnungen. Verordnungen sind aber im Bundesgesetzblatt kundzumachen, was nicht geschehen ist. Daher hat der VfGH diese Bestimmungen als gesetzwidrig aufgehoben.
Sobald die Aufhebung kundgemacht ist, können Asylwerbende bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen grundsätzlich auch in anderen Bereichen beschäftigt werden.
(V 95-96/2021)
Im fortgesetzten Verfahren über die Beschwerde der Spenglerei sind im VfGH Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung des AuslBG entstanden. Der VfGH hat daher beschlossen, von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.
Gegenstand dieses Verfahrens ist die Regelung des § 4 Abs. 3 Z 1 AuslBG. Danach dürfen Beschäftigungsbewilligungen bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen nur erteilt werden, „wenn der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet“. Die Regionalbeiräte bestehen aus dem Leiter der jeweiligen regionalen Geschäftsstelle des AMS und vier weiteren Mitgliedern, die auf Vorschlag der Wirtschaftskammer des jeweiligen Landes, der Industriellenvereinigung, der Arbeiterkammer des jeweiligen Landes und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes bestellt werden.
Über Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entscheidet die regionale Geschäftsstelle des AMS. Die in Prüfung gezogene Regelung scheint es dieser Behörde jedoch unmöglich zu machen, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung selbst zu beurteilen. Der VfGH ist vorläufig der Auffassung, dass diese Konstruktion rechtsstaatlichen Grundsätzen der Bundesverfassung widersprechen dürfte. Ob dieses Bedenken zutrifft, wird im nunmehrigen Gesetzesprüfungsverfahren zu entscheiden sein.
(E 2420/2020)