Verordnungen zu COVID-19 waren teils gesetzeskonform, teils nicht ausreichend dokumentiert
Einige der etwa 300 Entscheidungen des VfGH, die in den Beratungen im November und Dezember getroffen worden sind, beziehen sich auf Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19.
FFP2-Maskenpflicht in geschlossenen Seilbahnen verletzte Gleichheitsgrundsatz nicht
Der VfGH hat Anträge der steirischen Tauplitz Bergbahnen GmbH und des Inhabers eines Skipasses für Bergbahnen in Tirol abgewiesen. Sie hatten Bestimmungen angefochten, wonach ab 26.12.2020 bis zunächst 4.1.2021 in geschlossenen oder abdeckbaren Seilbahnen das Tragen einer FFP2-Maske verpflichtend war, in anderen Massenbeförderungsmitteln jedoch zeitweilig ein einfacher Mund-Nasen-Schutz ausreichte. Dies habe gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Der Bundesminister für Gesundheit (BMSGPK) hat in den Verordnungsakten erläutert, dass die Personen, welche die (geschlossenen) Bahnen benützen, durch ihre Sportausübung einen höheren Aerosolausstoß haben und dort damit ungünstigere epidemiologische Verhältnisse herrschen. Auch ging der Minister schrittweise vor, indem er zugleich mit der Öffnung der Skigebiete das Tragen einer Maske mit höherem Schutzstandard zunächst nur für Seilbahnen und andere einzelne Bereiche verordnete, um sie unter der Berücksichtigung des Infektionsgeschehens in der Folge auf weitere Bereiche auszudehnen. Dies lag innerhalb seines Entscheidungsspielraums. Tatsächlich waren ab 25.1.2021 dann auch in anderen Massenbeförderungsmitteln FFP2-Masken zu tragen.
(V 617/2020, V 618/2020)
Betretungsverbot für Spielplätze in Graz im April 2020 und Beschränkungen für das Gastgewerbe im Oktober 2020 waren nicht ausreichend dokumentiert
Eine Verordnung des Grazer Bürgermeisters vom 3.4.2020, mit der das Betreten von Sport- und Kinderspielplätzen verboten wurde, war gesetzwidrig. Diese Entscheidung hat der VfGH auf Grund eines Antrages des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark getroffen. Den Anlass dafür bildete die Beschwerde eines Mannes, über den eine Geldstrafe in Höhe von € 600,- verhängt worden war, weil er entgegen diesem Verbot in Graz einen Kinderspielplatz betreten hatte.
Der VfGH fand, dass der Bürgermeister als verordnungserlassende Behörde zum Zeitpunkt des Erlassens der Verordnung für Graz nicht hinreichend dokumentiert hatte, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände das Verbot erlassen wurde. Der Umstand, dass im Frühjahr 2020 auch andere Städte das Betreten von Kinderspielplätzen untersagt haben, begründet für sich allein nicht, dass eine solche Maßnahme auch in Graz erforderlich ist. Die angefochtene Bestimmung verstieß daher gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz.
(V 229/2021)
Ähnlich entschied der VfGH über einen Antrag gegen Bestimmungen der COVID-19-Maßnahmenverordnung, die im Oktober 2020 galten und vorsahen, dass Speisen und Getränke nur im Sitzen konsumiert werden sowie Besuchergruppen in Gaststätten nur dann eingelassen werden dürfen, wenn eine bestimmte Personenzahl nicht überschritten wird.
Diese Bestimmungen waren gesetzwidrig, weil vor deren Erlassung die Corona-Kommission nicht gehört wurde. Zudem war aus den vorgelegten Verordnungsakten nicht ersichtlich, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände, insbesondere auf Grund welcher epidemiologischen Situation, der Bundesminister für Gesundheit die angefochtenen Regelungen getroffen hat. Diese Bestimmungen erwiesen sich daher ebenfalls als gesetzwidrig.
(V 560/2020)