Lebensgefährten sind nicht von gemeinsamer Adoption ausgeschlossen
Die heute zugestellte Entscheidung des VfGH betrifft eine Familie aus dem Land Salzburg, die beim VfGH beantragt hatte, eine Bestimmung im ABGB als verfassungswidrig aufzuheben. Diese regelt die Adoption von Kindern durch Ehegatten.
Ein Mann, der mit seiner Partnerin unverheiratet in einer Lebensgemeinschaft lebt, hat ein Kind adoptiert, das die beiden zuvor in Pflege hatten. Das Kind war zuvor von seiner leiblichen Mutter zur Inkognitoadoption freigegeben worden. Die Lebensgefährtin des Mannes und das Kind – vertreten von seinem Adoptivvater – schlossen daraufhin ebenso einen Adoptionsvertrag ab und beantragten beim zuständigen Bezirksgericht Zell am See, diesen Vertrag gerichtlich zu bewilligen. Das Gericht wies den Antrag ab; aus § 191 Abs. 2 ABGB ergebe sich nämlich, dass nur Ehegatten oder eingetragene Partner gemeinsam adoptieren dürfen, womit Lebensgefährten von einer gemeinsamen Adoption ausgeschlossen seien.
Die Familie erhob gegen diesen Beschluss Rekurs an das Landesgericht Salzburg und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Gesetzesprüfung an den VfGH; darin machte sie geltend, dass § 191 Abs. 2 ABGB u.a. gegen das Recht auf Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK) verstoße.
Der VfGH stellte fest, dass das Bezirksgericht die angefochtene Bestimmung falsch ausgelegt hat. Sie steht der gemeinsamen Adoption durch Lebensgefährten nämlich gar nicht entgegen: Es verstieße sowohl gegen Art. 8 EMRK als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, Lebensgefährten generell von der Möglichkeit der (gleichzeitigen oder aufeinander folgenden) Adoption auszuschließen. Nach § 194 ABGB ist ein Adoptionsvertrag zu bewilligen, wenn die Adoption dem Kindeswohl entspricht und eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Unter diesen allgemeinen Voraussetzungen steht auch Lebensgefährten die gleichzeitige oder aufeinander folgende Adoption grundsätzlich offen.
Der VfGH hat daher den Antrag auf Aufhebung des § 191 Abs. 2 ABGB als unbegründet abgewiesen. Das dem Antrag der Familie zugrunde liegende pflegschaftsgerichtliche Verfahren über die Bewilligung des Adoptionsvertrages wird vom Landesgericht Salzburg als Rekursgericht fortgesetzt werden.
(G 247/2021)