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VfGH-Entscheidungen über Anträge betreffend das Symbole-Gesetz

01.04.2022

Verbotenes Symbol allein nicht ausreichend, um Versammlung zu untersagen

Zwei Entscheidungen des VfGH vom 8. März betreffen das Symbole-Gesetz und wurden heute den Verfahrensparteien zugestellt. (Über andere Entscheidungen – im Zusammenhang mit Maßnahmen gegen COVID-19 – hat der VfGH bereits hier informiert. Der VfGH wird in der zweiten Aprilhälfte über die 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung sowie allenfalls Anträge betreffend den laufenden U-Ausschuss im Nationalrat beraten.)

Zu Unrecht untersagt wurde eine für den 11. März 2021 angezeigte Versammlung mit dem Zweck „Kundgebung für Frieden und Demokratie in Kurdistan“. Der VfGH hat einer Beschwerde stattgegeben, die sich gegen die Untersagung gerichtet hatte.

Die Landespolizeidirektion Wien begründete die Untersagung damit, dass bei dieser Kundgebung die Fahne der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK, Partiya Karkerên Kurdistanê) verwendet worden wäre. Die öffentliche Zurschaustellung der Symbole der PKK sei jedoch nach dem Symbole-Gesetz verboten (§ 2 iVm § 1 Z 5 Symbole-Gesetz); dieses Verbot sei auch von der Versammlungsbehörde zu beachten.

Gegen das gesetzliche Verbot, bestimmte Symbole öffentlich zur Schau zu stellen, bestehen, so der VfGH, an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein solches Verbot greift zwar in das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung ein, doch ist der Eingriff zulässig, wenn er in einer demokratischen Gesellschaft u.a. im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der Aufrechterhaltung der Ordnung oder zum Schutz der Rechte anderer notwendig ist (Art. 10 Abs. 2 EMRK). Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der Verbreitung demokratiegefährdender Ideologien dadurch entgegenzuwirken, dass die Verwendung einschlägiger Symbole untersagt wird. Vor dem Hintergrund des Art. 10 EMRK muss ein solches Verbot allerdings so verstanden werden, dass allein die spezifische Verwendung des Symbols für verfassungswidrige Zwecke – nämlich das Propagieren oder Gutheißen des verpönten Gedankengutes – verboten und strafbar ist.

Die Beschwerde beim VfGH richtete sich gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, in dem dieses die Untersagung für rechtmäßig befunden hatte. Das Verwaltungsgericht Wien war davon ausgegangen, dass das Symbole-Gesetz ein unmittelbar wirksames, auch von der Versammlungsbehörde zu beachtendes Verbot enthält. Zwar hat das Verbot nach dem Symbole-Gesetz, ein bestimmtes Symbol zu verwenden, für die Untersagung einer Versammlung eine bestimmte Indizwirkung. Ein solches Verbot reicht aber für sich allein nicht aus, die Untersagung einer Versammlung zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht hätte nicht nur prüfen müssen, ob mit der Verwendung der Fahne der PKK tatsächlich verpönte Ziele dieser Bewegung verfolgt werden. Es hätte insbesondere auch berücksichtigen müssen, dass das (verbotene) Symbol als Stilmittel des Protests gegen das Symbole-Gesetz verwendet werden sollte. Da diese Prüfung unterblieben ist, hat das Verwaltungsgericht durch seine Entscheidung das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt. (E 3120/2021)

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Symbole-Gesetz an sich

Die Behandlung einer weiteren gegen das Symbole-Gesetz gerichteten Beschwerde wurde vom VfGH abgelehnt.

Der Beschwerdeführer war in einem Verwaltungsstrafverfahren schuldig erkannt worden, in sozialen Netzwerken Fotos veröffentlicht zu haben, auf denen er mit dem „Wolfsgruß“, dem Handzeichen der Gruppierung „Graue Wölfe“, zu sehen ist.

Dass gegen das Symbole-Gesetz an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, hat der VfGH bereits im Erkenntnis zu E 3120/2021 dargelegt. Zur Beantwortung der Frage, ob die angefochtene Bestrafung im Einzelnen dem Gesetz entspricht, sind aber spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen. (E 2113/2021)

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