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Justizministerin muss begründen, warum U-Ausschuss Chats nicht unverzüglich bekommt

23.06.2022

Antrag von ÖVP-Ausschussmitgliedern auf Grund von Konsultation aber abgewiesen

Die Justizministerin hat zwei ergänzenden Beweisanforderungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses nicht entsprochen und konnte dies zulässigerweise mit dem Hinweis auf ein laufendes Konsultationsverfahren begründen. Sie hat allerdings nun unverzüglich zu begründen, warum sie den Beweisanforderungen nicht nachkommen kann. Dies geht aus der Entscheidung des VfGH über einen Antrag von ÖVP-Mitgliedern des U‑Ausschusses hervor, den der VfGH mit Erkenntnis vom 21. Juni 2022 abgewiesen hat. Der Antrag zielte darauf ab, dass die Justizministerin für den Ausschuss Chats zwischen dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid einerseits sowie im Antrag näher genannten Personen mit einem Naheverhältnis zur SPÖ oder FPÖ andererseits unverzüglich auszuwerten habe. Diese elektronische Kommunikation war von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zuge ihrer Ermittlungen in der sogenannten Ibiza-Affäre sichergestellt worden. 

Der Verfassungsgerichtshof führt in seiner Begründung aus: Verlangt ein U-Ausschuss die Durchführung von Erhebungen, die nach Ansicht der Justizministerin die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren, kann sie ein Konsultationsverfahren verlangen. Dies ist im vorliegenden Fall am 15. Februar 2022 geschehen. Ein solches Konsultationsverfahren hemmt die Verpflichtung der Justizministerin, Beweisanforderungen des U‑Ausschusses unverzüglich und vollständig zu entsprechen, längstens für die Dauer von drei Monaten. Innerhalb dieser Frist kann die Justizministerin das Nichtdurchführen von Erhebungen mit dem laufenden Konsultationsverfahren begründen. Da die Verpflichtung der Justizministerin auf Grund des Konsultationsverfahrens drei Monate lang gehemmt war und die Ministerin die noch nicht erfolgte Auswertung der Chats damit ausreichend begründet hat, wurde der Antrag der U-Ausschuss-Mitglieder vom 5. Mai abgewiesen. 

Da die Frist von drei Monaten mittlerweile verstrichen ist, ist die Justizministerin nach der heute veröffentlichten Entscheidung verpflichtet, dem U‑Ausschuss gegenüber unverzüglich zu begründen, warum sie den Beweisanforderungen der U-Ausschuss-Mitglieder weiterhin nicht nachkommen kann. Dabei hat sie den U-Ausschuss über den Fortschritt der Erhebungen der Strafverfolgungsbehörden zu informieren und die Prognose des dafür erforderlichen Zeitaufwands nachvollziehbar zu begründen. Im Fall einer Meinungsverschiedenheit über die Stichhaltigkeit dieser Begründung kann neuerlich der VfGH angerufen werden.

(UA 1-2/2022)

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