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    • 1921: der Reigen

      Der Theaterskandal um Arthur Schnitzlers „Reigen“ beschäftigte auch  den VfGH.

      Arthur Schnitzler brachte in seinem Schauspiel „Reigen“ Erotik und Sex auf die Bühne – nicht explizit, aber in Dialogen, die keinen Zweifel ließen. Im Deutschland und Österreich der frühen 1920er-Jahre wurde das Stück zum Skandal, der in Wien auch den Verfassungsgerichtshof beschäftigte. Der Gerichtshof wurde aber nicht als Sittenwächter angerufen, sondern sollte eine Verfahrensfrage entscheiden: Hat die (konservativ geführte) Bundesregierung den (sozialdemokratischen) Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Jakob Reumann formal korrekt angewiesen, die Aufführung zu untersagen? Der VfGH sagte Nein und sprach Reumann mit Erkenntnis vom 26. April 1921 frei (VfSlg 8/1921).

      Der Verfassungsgerichtshof hatte drei „Briefe“ des Bundesministers für Inneres und Unterricht auf ihren Weisungscharakter hin zu überprüfen. Ein Brief an Reumann war dabei sprachlich eindeutig bloß als ein Ersuchen zu werten, ein zweiter Brief war an eine Magistratsabteilung und nicht an den Landeshauptmann gerichtet gewesen und einem dritten, nun richtig adressierten Brief fehlte die für eine gültige Weisung notwendige Unterschrift des Bundesministers.

      Das Verfahren gegen Reumann war einer der ganz seltenen Fälle, in den der VfGH gemäß Art 142 B-VG angerufen worden war. Dieser Artikel regelt die Ministerverantwortung (wörtlich die „verfassungsmäßige Verantwortlichkeit der obersten Bundes- und Landesorgane für die durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen“). Die anderen Fälle betrafen ebenfalls Reumann (1923, Wiener Krematorium) bzw. 1985 den Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sen. im Konflikt um die Ladenöffnungszeiten (siehe dazu auch die jeweiligen Beiträge).

      Juristische Bedeutsamkeit erlangte diese Entscheidung auch aufgrund der zu klärenden Frage, nach welchen Verfahrensvorschriften hier vorzugehen sei. Das Verfassungsgerichtshofgesetz  (VfGG) wurde erst später erlassen (BGBl 1921/364). Die an sich gem. § 40 Verfassungs-Überleitungsgesetz 1920 (StGBl 1920/451 = BGBl 1920/2) anzuwendenden Verfahrensvorschriften des Reichsgerichts waren mangels Kompetenz nicht auf Staatsgerichtsbarkeitsfälle ausgelegt. So wurde letztlich sinngemäß das Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit vom 25. Juli 1867 (RGBl 1867/101) herangezogen.

    • Der Dichter Arthur Schnitzler im Jahre 1912 

      Der Dichter Arthur Schnitzler im Jahre 1912.

      Die Erstausgabe des "Reigen" 

      Die Erstausgabe des „Reigen“.

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