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    • 1977: Uni-Gesetz und Präsidentenrücktritt

      Die Universitätsreform 1975 hält vor dem Verfassungsgerichtshof. Im Umfeld der Entscheidung tritt allerdings Präsident Antoniolli zurück.

      Walter Antoniolli, Präsident des VfGH ab 1958, begründete seinen spektakulären Rücktritt am 3. Oktober 1977 mit „schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten mit der Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs“ und dem „Verhalten des Gerichtshofes in einer grundsätzlichen Frage der Rechtsprechung“. Konkreter wurde er nicht. Hinter vorgehaltener Hand war aber schon damals die Rede davon, dass Antoniolli die am selben Tag getroffene Entscheidung des Gerichtshofes über das Universitätsorganisationsgesetz 1975 (UOG) und das Ende der Ordinarienuniversität nicht mittragen wollte.

      Mit dem UOG 1975, vorbereitet von der damaligen Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg (SPÖ), verloren die bisher tonangebenden Professoren ihre Vormachtstellung. In den universitären Gremien sprachen nun auch Mittelbau und Studierende im Sinne einer drittelparitätischen Mitbestimmung mit. 

      Der Widerstand der Professorenschaft gegen das UOG 1975 war massiv. Als einige Professoren gegen Bescheide der neu zusammengesetzten Gremien vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Beschwerde erhoben, beantragte dieser im April 1976 beim VfGH, die Bestimmungen des UOG 1975 betreffend die drittelparitätisch zusammengesetzten Studienkommissionen (§§ 57 ff) als verfassungswidrig aufzuheben.

      Der VfGH folgte den Anträgen des VwGH im Erkenntnis vom 3. Oktober 1977 (VfSlg 8136) nicht. Die Drittelparität widerspreche weder der Lehrfreiheit noch der Selbstverwaltung der Universitäten. Eine einfachgesetzliche Weiterentwicklung des autonomen Wirkungsbereiches der Universitäten durch die Übertragung neuer Aufgaben sei ebenso zulässig wie die Erweiterung des in die akademische Mitwirkung einbezogenen Personenkreises. Dieses Erkenntnis zum UOG 1975 zählte zu den meistkritisierten nach 1945. 

      Öffentlichkeit und Medien brachten die Entscheidung über das UOG in Verbindung mit dem am selben Tag erfolgten Rücktritt Antoniollis, der auch Professor an den Universitäten Innsbruck und Wien gewesen war. Seine Amtszeit wäre regulär am 31. Dezember 1977 zu Ende gegangen. Nun schied er drei Monate vor diesem Termin aus dem Amt.


    • Präsident des VfGH Univ.Prof. Dr. Walter Antoniolli 

      Präsident des VfGH Univ.Prof. Dr. Walter Antoniolli.
      (Foto: VfGH/Pauser)


      Eine Textausgabe des UOG 1975 

      Eine Textausgabe des UOG 1975.
      (Foto: VfGH/Pauser)


      Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg 

      Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Dr. Hertha Firnberg.
      (Foto: ÖNB Bildarchiv)

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