VfGH wird nach Vorverfahren ab 8. Juni erste Entscheidungen über COVID-19-Fälle treffen
Die Arbeit des VfGH ist durch interne Maßnahmen, insbesondere die Erweiterung der Telearbeit, und durch die elektronischen Aktenläufe auch in der Corona-Krise nahezu normal weiter gelaufen. Das betrifft auch die COVID-19-Fälle, die nach ihrem Eintreffen im VfGH zügig bearbeitet werden. Im Durchschnitt dauert ein Verfahren am VfGH vier Monate, wie die Statistik aus dem Vorjahr zeigt.
Die nächste Session des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) beginnt am 8. Juni. Bis Mitte Juli ist mit einer Reihe von Entscheidungen zu rechnen, u.a. über Anträge betreffend COVID-19-Maßnahmen, also jene Regelungen, die die Bundesregierung, der Gesundheitsminister und Landesbehörden gegen die Ausbreitung von COVID-19 erlassen haben.
Mit Stand 14. Mai 2020 liegen dem VfGH 68 COVID-19-Fälle vor. Davon sind 64 sogenannte Individualanträge von Einzelpersonen bzw. Unternehmen auf Gesetzes- oder Verordnungsprüfung nach Art. 140 bzw. Art. 139 B-VG, drei Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen den Bund nach Art. 137 B‑VG sowie eine Beschwerde nach Art. 144 B-VG. Inhaltlich geht es im Großen und Ganzen um fünf Themen:
- Ersatz des Verdienstentganges für Betriebe, für die auf Grund des COVID-19-Maßnahmengesetzes ein Betretungsverbot erlassen wurde (das COVID-19-Maßnahmengesetz sieht im Gegensatz zu Schließungen nach dem Epidemiegesetz keine Entschädigung vor)
- das Betretungsverbot für öffentliche Orte
- das Betretungsverbot für Betriebsstätten an sich bzw. für Betriebsstätten mit einem Kundenbereich größer als 400 m2
- das Betretungsverbot für Sportstätten bzw. Einschränkungen bei deren Benützung
- die Zuweisung zum außerordentlichen Zivildienst.
Zum Vergleich: Vom 16. März 2020 an – dem Tag, an dem die ersten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus in Kraft getreten sind – bis heute sind beim VfGH insgesamt 780 Fälle anhängig geworden. Das sind ähnlich viele wie 2019. Gleichzeitig wurden seit Mitte März 547 Fälle erledigt.
Stellungnahmen müssen bis spätestens Mitte Juni ergehen
Der VfGH hat in Dutzenden COVID-19-Fällen ein Vorverfahren eingeleitet. Er hat also um Stellungnahmen zu den Argumenten der Antragsteller gebeten, und zwar die Bundesregierung in Bezug auf das COVID-19-Maßnahmengesetz sowie den Gesundheitsminister und die zuständigen Bezirkshauptmannschaften bezüglich der Verordnungen.
Die Frist für solche Stellungnahmen beträgt üblicherweise sechs bis acht Wochen. Der VfGH hat der Bundesregierung in den COVID-19-Fällen nun kürzere Fristen von fünf bis sechs Wochen gesetzt, sodass er voraussichtlich die Mehrzahl der bisher eingelangten Anträge im Juni in Behandlung nehmen kann.
Die Plenarberatungen im Juni werden unter Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen stattfinden, um das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus zu reduzieren. So werden die 14 Mitglieder des VfGH, darunter erstmals die neue Vizepräsidentin Verena Madner, während der Beratungen im Juni einen Mindestabstand von mehr als einem Meter einhalten.