Navigation öffnen
Inhalt

Was bedeutet „Grundversorgung“ mit Strom und Gas?

19.10.2023

VfGH prüft Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz sowie Gaswirtschaftsgesetz

Der VfGH prüft die bundesgesetzlichen Bestimmungen über die Grundversorgung mit Strom und Gas von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit. Den Anlass für die Einleitung dieses Gesetzesprüfungsverfahrens bilden Anträge bzw. Beschwerden von Energieversorgungsunternehmen sowie des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien.

Das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG 2010) und das Gaswirtschaftsgesetz 2011 sehen vor, dass Strom- bzw. Gasversorgungsunternehmen gegenüber Verbrauchern zur Leistung einer Grundversorgung mit Strom bzw. Erdgas verpflichtet sind. Der Tarif dieser Grundversorgung darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl der Verbraucher bzw. Kunden des jeweiligen Unternehmens versorgt werden.

Der VfGH geht vorläufig davon aus, dass diese Regelungen unterschiedlich interpretiert werden können: „Grundversorgung“ könnte so verstanden werden, dass für schutzbedürftige Haushaltskunden eine leistbare Versorgung mit Strom bzw. Gas gewährleistet sein soll. Dann wäre die Regelung zur Preisgestaltung der Grundversorgung so zu lesen, dass neben den aktuellen Markttarifen für Strom und Erdgas auch die – im Moment tendenziell günstigeren – Tarife von Bestandskunden zu berücksichtigen sind.

„Grundversorgung“ könnte aber auch bedeuten, dass allen Haushaltskunden ein Rechtsanspruch auf Versorgung mit Strom bzw. Erdgas zu marktgerechten oder annähernd gleichen Bedingungen gewährt werden soll. In diesem Fall wären in erster Linie die – im Moment tendenziell teureren – Neukundentarife zu berücksichtigen. Eine preisliche Privilegierung der Grundversorgung wäre dann gerade nicht bezweckt.

Es dürfte jedoch den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügen, dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen in beide Richtungen verstanden werden können. Auch dürfte es, so der VfGH, sachlich nicht gerechtfertigt sein, (alle) Haushaltskunden ohne Rücksicht auf ihre soziale Schutzbedürftigkeit in eine preislich privilegierte Grundversorgung einzubeziehen. Damit wäre den Energielieferanten eine unverhältnismäßige Verpflichtung auferlegt.

Die Bundesregierung hat nun Gelegenheit, zu diesen Bedenken in einer schriftlichen Äußerung Stellung zu nehmen.

(G 122/2023 u.a.)

Zum Seitenanfang