Entscheidungen des VfGH zu Betretungsverboten und Gewaltprävention
Es ist verfassungskonform, dass die Landesverwaltungsgerichte keine inhaltliche Entscheidung über polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbote für sogenannte Gefährder treffen können, sondern nur darüber entscheiden, ob solche Verbote rechtmäßig zustande gekommen sind. Der VfGH hat einen Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich abgewiesen, wonach dies gegen das Grundrecht auf effektiven Zugang zu einem Gericht verstoße. Auch die Pflicht für Gefährder, an einer Gewaltpräventionsberatung teilzunehmen, widerspricht nicht der Verfassung, hat der VfGH entschieden und damit Anträge des Verwaltungsgerichtes Wien (VwG Wien) und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG Tirol) abgewiesen. Diese Entscheidungen wurden heute den Verfahrensparteien zugestellt.
Nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) kann die Polizei gegen Personen ein Betretungs- und Annäherungsverbot erlassen, von denen anzunehmen ist, dass sie einen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit eines anderen begehen werden („Gefährder“). Erhebt jemand Beschwerde gegen ein solches Verbot, kommt es dem Verwaltungsgericht laut Gesetz nicht zu, eine eigene (Prognose)Entscheidung über das Verhalten des Gefährders und damit das Betretungs- und Annäherungsverbot zu treffen. Das Verwaltungsgericht hat nur zu überprüfen, ob die einschreitenden Organe auf Grund des dokumentierten Sachverhalts eine entsprechende Gefahrensituation annehmen konnten. Dies genügt aber den Anforderungen an einen effektiven verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz.
Keine Bedenken bestehen auch gegen die gesetzliche Verpflichtung für Gefährder, an Beratung zur Gewaltprävention teilzunehmen. Dabei handelt es sich nämlich um eine vorbeugende Maßnahme, die zum Schutz der Rechte anderer erforderlich und auch verhältnismäßig ist. Das Gleiche gilt auch für das mit einem Betretungs- und Annäherungsverbot automatisch verbundene vorläufige Waffenverbot.
(G 105/2023 u.a., G 590/2023 u.a.)