Lobau: Verfassungsgerichtshof bestätigt Lärmschutzverordnung für Bundesstraßen
Die Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung und das darin vorgesehene System von Grenzwerten sind nicht gesetzwidrig. Das hat der Verfassungsgerichtshof am 15. März 2017 beschlossen. Der Verfassungsgerichtshof hatte die Verordnung im Zusammenhang mit dem Umweltverträglichkeitsverfahren (UVP-Verfahren) für einen Abschnitt der geplanten Wiener Außenringschnellstraße S1 ("Lobau-Autobahn") auf Antrag des Bundesverwaltungsgerichts geprüft.
Beim Bundesverwaltungsgericht sind Beschwerden gegen den UVP-Bescheid für den S1-Abschnitt Schwechat-Süßenbrunn anhängig. Aufbauend auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes kann das Bundesverwaltungsgericht sein Verfahren nun fortsetzen. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist daher keine unmittelbare Entscheidung über die Zulässigkeit des Baus und Betriebs der Lobau-Autobahn.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich in seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof u.a. auf die Festlegung der zulässigen Lärmbelastung mittels fixer Grenzwerte bezogen. In ruhigeren Gebieten würde es damit zu einer automatischen "Auffüllung" bis zum Grenzwert kommen. Weitere Bedenken betrafen u. a. das sogenannte "Irrelevanzkriterium", das zusätzlichen Lärm im Ausmaß von bis zu einem Dezibel bis zu einer bestimmten Gesamtbelastung zur Beurteilung der zumutbaren Belästigung als grundsätzlich akzeptabel betrachtet.
Der Verfassungsgerichtshof folgte den Einwänden nicht. Die Sachverständigen, deren Gutachten der Verordnung zugrunde liegen, hätten sich mit den einschlägigen, auch internationalen Empfehlungen, "hinreichend auseinandergesetzt". Der Verfassungsgerichtshof konnte nicht finden, dass diese Gutachten derart mangelhaft wären, dass sie die Gesetzwidrigkeit der Verordnung begründen würden. Dem stünden auch Studien nicht entgegen, die aus medizinischer Sicht niedrigere Grenzwerte empfehlen.
Der Verfassungsgerichtshof weist darauf hin, dass in der Frage der gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm "unterschiedliche Auffassungen" bestünden. Aber auch wenn dem Bundesverwaltungsgericht ein "System von differenzierteren Grenzwerten" für den Schutz der Nachbarn vor Belästigungen wünschenswert scheine, liege es im Spielraum des zuständigen Infrastrukturministers, eine "Abwägung zwischen Interessen der Nachbarn, des Gesundheitsschutzes und der Verkehrserfordernisse zu treffen und als Grundlage für die Beurteilung der Kriterien für die Gewichtung dieser Interessen eine generelle Norm vorzusehen, die ein System anordnet, wonach von näher festgelegten Grenzwerten auszugehen ist". Diese Grenzwerte seien "Mindeststandards". Ob und inwieweit lärmschutztechnische Maßnahmen nötig seien, "ist im Genehmigungsverfahren zu entscheiden".