Navigation öffnen
Inhalt

Finanzminister muss Akten zur steuerlichen Prüfung eines Unternehmers dem COFAG-U-Ausschuss vorlegen

17.05.2024

Ein nicht abgeschlossenes Abgabenverfahren ist kein Grund, die Vorlage zu verweigern

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 16. Mai 2024 entschieden, dass die Akten und Unterlagen zur Steuerprüfung eines Unternehmers vom Finanzminister dem COFAG-Untersuchungsausschuss vorzulegen sind. Der Entscheidung lag ein entsprechender Antrag von Abgeordneten der SPÖ und der FPÖ zugrunde.

Der Finanzminister bzw. seine nachgeordneten Behörden haben unmittelbar nach der Einsetzung des COFAG-U-Ausschusses angeforderte Akten betreffend diesen Unternehmer, so auch den Steuerakt, vorgelegt. Die Vorlage von Akten und Unterlagen zur Steuerprüfung des Unternehmers hingegen verweigerte der Finanzminister im März bzw. April dieses Jahres mit der Begründung, dass diese Steuerprüfung noch nicht abgeschlossen sei. Gegenstand eines Untersuchungsausschusses könne aber nur ein „abgeschlossener Vorgang“ im Bereich der Vollziehung sein. Durch die Vorlage dieser Akten und Unterlagen würde zudem die „rechtmäßige Willensbildung“ des Ministers oder ihre „unmittelbare Vorbereitung“ beeinträchtigt.

Grundsätzlich sind alle Organe des Bundes verpflichtet, einem Untersuchungs­ausschuss auf Verlangen ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorzulegen. Dies gilt nicht, „soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird“ (Art. 53 Abs. 4 B-VG). Wird die Vorlage tatsächlich verweigert, muss das jeweilige Organ gegenüber dem U-Ausschuss nachvollziehbar begründen, warum es keine Vorlagepflicht sieht.

Der Finanzminister hat jedoch nicht begründet, worin seine Willensbildung oder deren Vorbereitung im laufenden Verfahren besteht oder inwiefern diese durch die Vorlage beeinträchtigt werden würde. Ebenso wenig hat er dem U-Ausschuss gegenüber begründet, dass eine Aktenvorlage seinen Verantwortungsbereich so beeinträchtigen würde, dass dies der Gewaltenteilung widerspräche.  Daher hat der Finanzminister dem U-Ausschuss alle angeforderten Akten und Unterlagen vorzulegen. 

Eine systematische Interpretation des Art. 53 B-VG zeigt, so der VfGH weiters, dass sich die Vorlagepflicht gegenüber einem U-Ausschuss unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Akten und Unterlagen zu anhängigen Verfahren beziehen kann. Wollte man die Vorlagepflicht auf abgeschlossene Verfahren beschränken, könnte dies zu einer Beeinträchtigung des parlamentarischen Kontrollrechts führen. Die Weigerung, Akten vorzulegen, kann daher nicht mit dem pauschalen Hinweis auf ein laufendes Verfahren begründet werden.

(UA 16/2024)

Zum Seitenanfang