VfGH weist Anträge in Bezug auf U-Ausschuss teilweise zurück, teilweise ab
Der VfGH hat mehrere Anträge von NR-Abg. Andreas Hanger und weiteren Abgeordneten der ÖVP als unzulässig zurückgewiesen. Sie wollten erreichen, dass dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss von einigen Ministerien Unterlagen zu Stellenbesetzungen und öffentlichen Aufträgen vorgelegt werden. Die antragstellenden Mitglieder des U-Ausschusses vertraten die Ansicht, dass die Verpflichtung des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), der Bundesministerin für Klimaschutz (BMK) sowie des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), diese Unterlagen vorzulegen, bereits aus dem grundsätzlichen Beweisbeschluss des Geschäftsordnungsausschusses vom Dezember 2021 folge.
Der VfGH hat entschieden, dass diese Verlangen der Abgeordneten der Sache nach ergänzende Beweisanforderungen darstellen. Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen sind jedoch zunächst im U-Ausschuss zu stellen. Dieser prüft, ob das Verlangen in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung steht. Erst wenn ein solches Verlangen gestellt wurde, der U-Ausschuss den sachlichen Zusammenhang nicht bestritten hat oder eine solche Bestreitung vom VfGH für rechtswidrig erklärt worden ist, kann eine Meinungsverschiedenheit darüber entstehen, ob Unterlagen vorzulegen sind. Da die Abgeordneten den VfGH zu einem Zeitpunkt angerufen haben, in dem eine Meinungsverschiedenheit mit einem der betroffenen Bundesminister noch gar nicht entstanden sein konnte, waren die Anträge unzulässig.
(UA 75/2022 u.a. Zlen.)
Abgewiesen hat der VfGH einen weiteren Antrag von ÖVP-Abgeordneten betreffend die Vorlage von Akten und Unterlagen, die sich auf die kommunikative und strategische Begleitung des Klimarates durch externe Beratungs- und Kommunikationsunternehmen sowie auf die entsprechenden Vergabeverfahren beziehen. Die Bundesministerin für Klimaschutz Leonore Gewessler von den Grünen hatte die Vorlage mit der Begründung abgelehnt, dass dieses Verlangen ausschließlich Vorgänge betreffe, die sich unter ihrer Verantwortung ereignet haben; diese Vorgänge seien daher vom Untersuchungsgegenstand des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses nicht umfasst.
Damit hat die Ministerin für Klimaschutz ausreichend begründet, warum sie die Unterlagen nicht vorgelegt hat. Wenngleich dem Untersuchungsgegenstand mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, dass der U-Ausschuss nicht auf die Untersuchung von Sachverhalten gerichtet ist, welche die angeforderten Akten und Unterlagen betreffen, kann, so der VfGH, „nicht völlig ausgeschlossen werden, dass auch in – jedenfalls im Untersuchungszeitraum – unter der Leitung einer anderen Partei als der ÖVP stehenden Bundesministerien Akten und Unterlagen vorhanden sind, die auf Grund besonderer Konstellationen eine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben könnten“. Die Abgeordneten hätten jedoch für ihr Verlangen eine nähere Begründung geben müssen.
(UA 77/2022, UA 85/2022)