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VfGH hebt verkürzte Beschwerdefrist in Asylverfahren als verfassungswidrig auf

09.10.2017G 134/2017, G 207/2017

Auch in Verbindung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gilt die vor Verwaltungsgerichten übliche Frist von vier Wochen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Oktobersession eine Regelung im Asylrecht aufgehoben, die für Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über einen Antrag auf internationalen Schutz eine verkürzte Frist von zwei Wochen vorsieht, sofern die Entscheidung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist. Die übliche Rechtsmittelfrist gemäß Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz beträgt vier Wochen. Die Verkürzung ist nach Ansicht des VfGH nicht zur Regelung des Gegenstandes erforderlich („unerlässlich“) und verstößt daher gegen Artikel 136 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Die Bundesregierung hatte die vergleichsweise kurze Frist unter anderem damit gerechtfertigt, dass die Verkürzung der Beschwerdefrist Teil mehrerer Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung sei. In Fällen eines nur bis zur Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme befristeten Aufenthaltsrechts bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an einer ehestmöglichen Klärung des Aufenthaltsstatus eines Fremden.

Der VfGH folgte dieser Ansicht nicht. Zwar anerkennt der Gerichtshof das Bestehen eines „besonderen öffentlichen Interesses an einem geordneten Vollzug im Asyl- und Fremdenwesen im Sinne der Durchsetzbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen und damit von Ausreiseverpflichtungen“. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht die verkürzte Beschwerdefrist.

Eine Entscheidung, mit der der Antrag auf internationalen Schutz negativ entschieden und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden wird, betrifft den Fremden in seiner Rechtsstellung, sodass einer effektiven Wahrnehmung seiner verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtsschutzmöglichkeiten erhebliche Bedeutung zukommt. Die Richterinnen und Richter vermissen dabei eine wesentliche Beschleunigung der Verfahren auf der „anderen Seite“, beim Bundesverwaltungsgericht, das für Beschwerden gegen Entscheidungen des BFA zuständig ist. Allgemeine effizienzsteigernde Maßnahmen wie die Konzentration von Zuständigkeiten  oder Maßnahmen gegen Verfahrensverzögerungen wie das bedingte Neuerungsverbot sind allein nicht ausreichend. Wörtlich heißt es in dem Erkenntnis vom 26. September 2017: „Unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind Verkürzungen von Rechtsmittelfristen in solchen Fällen daher nur dann, wenn sie – gleichsam auf der ‚anderen Seite‘ – mit besonderen organisations- und verfahrensrechtlichen Maßnahmen einhergehen, die auch eine entsprechend rasche Entscheidung gewährleisten.“

Die Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen im BFA-Verfahrensgesetz sind laut der Entscheidung des VfGH vom Bundeskanzler unverzüglich kundzumachen und nicht mehr anzuwenden. Eine Reparaturfrist haben die Höchstrichter nicht gesetzt. Es gilt daher nunmehr auch in diesen Asylfällen die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz.

Der VfGH setzte sich bereits zum dritten Mal mit den Beschwerdefristen im BFA-Verfahrensgesetz auseinander. Zuletzt hat der Gerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Februar 2016 (G 589/2015 ua, VfSlg 20.041) die Vorläuferbestimmung aufgehoben, die für Beschwerden betreffend die Zu- und Aberkennung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten generell eine Beschwerdefrist von nur zwei Wochen vorgesehen hatte. Als Reaktion auf dieses Erkenntnis beschloss der Nationalrat am 27. April 2016 die nunmehr aufgehobene Fassung, die eine Verkürzung der Beschwerdefrist im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorsieht.

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