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VfGH befasst sich mit Auskunftspflichtgesetz, Energiekrisenbeitrag, Veranstaltungen am Karfreitag

25.11.2024

Weitere Beratungen über Antrag bezüglich Sterbeverfügungsgesetz bzw. Mitwirkung am Suizid


In den nächsten Wochen berät der VfGH über mehrere hundert Anträge und Beschwerden, darunter die folgenden:   

Auskunftspflicht eines Ministers gegenüber einem Nationalratsabgeordneten bzw. einem Journalisten 

Ein Nationalratsabgeordneter hat beim VfGH Beschwerden wegen Verweigerung einer Auskunft erhoben.  

Der Abgeordnete hatte „zur Vorbereitung seiner parlamentarischen Tätigkeit“ ein Auskunftsbegehren an den Bildungs- und den Finanzminister gerichtet. Dieses Begehren nach dem Auskunftspflichtgesetz enthielt mehrere Fragen im Zusammenhang mit einer Meinungsumfrage. 

Beide Minister und in der Folge auch das Bundesverwaltungsgericht wiesen die Begehren des Abgeordneten zurück. Das Auskunftspflichtgesetz sei nämlich nicht anzuwenden, wenn nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestehen (§ 6 Auskunftspflichtgesetz). Als Mitglied des Nationalrates habe der Abgeordnete die Möglichkeit, die gewünschten Auskünfte im Wege seines parlamentarischen Fragerechts zu erlangen. Dabei handle es sich um eine „besondere Auskunftspflicht“, die der „allgemeinen Auskunftspflicht“ nach dem Auskunftspflichtgesetz vorgehe.  

Der Abgeordnete sieht durch diese Zurückweisung sein Recht auf Meinungsfreiheit bzw. auf Information verletzt und bringt vor, § 6 Auskunftspflichtgesetz sei nicht verfassungskonform.

(E 1379/2024, E 1380/2024) 

Im Oktober 2023 beantragte ein Journalist beim Finanzminister die Übermittlung eines Auszugs aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer bzw. die Einsicht in bestimmte Daten zu einem Unternehmen, bei dem der Verdacht bestehe, dass es Sanktionsbestimmungen der EU umgehe. 

Der Minister und in der Folge das BVwG wiesen diesen Antrag zurück. Das Wirtschaftliche Eigentümer-Registergesetz (WiEReG) sehe zwar vor, dass u.a. Journalisten, die – wie es im Gesetz heißt – einen Bezug zur Verhinderung der Geldwäsche, der Terrorismus­finanzierung oder der Umgehung von internationalen Sanktionsmaßnahmen aufweisen, das Recht haben, Einsicht in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer zu nehmen. Diese Einsicht sei jedoch gemäß § 10 WiEReG auf bestimmte Daten beschränkt. Die vom Journalisten geforderten Daten seien von diesem Einsichtsrecht nicht umfasst. 

Der Journalist hält diese Einschränkung für verfassungswidrig; insbesondere liege darin ein Verstoß gegen das Recht auf Meinungsfreiheit bzw. auf Information.

(E 2888/2024) 

Burgenländische Landesregierung hält Gesetz zum Energiekrisenbeitrag-Strom für gleichheitswidrig 

Die Burgenländische Landesregierung beantragt, Teile des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom (EKBSG) aufzuheben. 

Stromerzeuger müssen einen Energiekrisenbeitrag leisten, wenn sie im Inland hergestellten Strom z.B. aus Windenergie, Wasserkraft, Solarenergie oder Kohle verkaufen. Bemessungsgrundlage für den Beitrag sind die Überschusserlöse aus der Veräußerung von Strom, die seit dem 1. Dezember 2022 erzielt worden sind. (Als Überschusserlöse gelten Erlöse von mehr als 140 Euro pro Megawattstunde bzw. ab 1. Juni 2023 von mehr als 120 Euro pro MWh Strom. Der Energiekrisenbeitrag beträgt 90 % der Differenz zur Obergrenze von 120 bzw. 140 Euro.)  

Die Landesregierung in Eisenstadt ist der Ansicht, dass verschiedene Regelungen des Gesetzes gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. So würden einzelne Vorschriften (z.B. zur Höhe der Obergrenze) in unsachlicher Weise von den unionsrechtlichen Vorgaben der EU- NotfallmaßnahmenVO abweichen. Auch würde das EKBSG seiner Zielsetzung, Stromendkunden zu entlasten, nicht gerecht, da das Gesetz keine Regelungen zur Verteilung der Überschusserlöse an Endkunden vorsehe. Ferner ist es nach Ansicht der Landesregierung gleichheitswidrig, dass Stromhändler im Gegensatz zu Stromerzeugern den Energiekrisenbeitrag Strom nicht bezahlen müssen, obwohl sie ebenso von gestiegenen Preisen im Energiesektor profitiert hätten.

(G 85/2024) 

Beim VfGH sind auch zahlreiche Beschwerden von Stromerzeugern anhängig, die vom Energiekrisenbeitrag-Strom betroffen sind. Sie erheben im Wesentlichen dieselben verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Gesetz wie die Burgenländische Landesregierung.

(E 1757/2024 u.a. Zlen.) 

Kärntner Verbot von Veranstaltungen am Karfreitag 

Beim VfGH ist eine Beschwerde eines Kärntners anhängig, der bestraft wurde, weil er als Obmann eines Vereins am Karfreitag 2023 in Villach ein Konzert veranstaltet hat. Das Kärntner Veranstaltungsgesetz ordnet nämlich an, dass am Karfreitag Veranstaltungen verboten sind (§ 8 Abs. 3). 

Anlässlich dieser Beschwerde hat der VfGH im Juni dieses Jahres beschlossen, von Amts wegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung in einem Verfahren zu prüfen. In diesem Beschluss äußert der VfGH das Bedenken, dass ein absolutes Veranstaltungsverbot weder sachlich gerechtfertigt noch verhältnismäßig wäre. 

Die Kärntner Landesregierung hat in diesem Gesetzesprüfungsverfahren eine Stellungnahme abgegeben. Nun hat der VfGH abzuwägen, ob seine Bedenken durch die Stellungnahme entkräftet werden oder nicht.

(G 110/2024) 

Immunität der OPEC von der österreichischen Gerichtsbarkeit 

Ein ehemaliger Mitarbeiter der OPEC beantragt, das Amtssitzabkommen zwischen dieser und der Republik Österreich für verfassungswidrig zu erklären.  

Bis Ende Mai dieses Jahres sah das Amtssitzabkommen vor, dass die OPEC von „jeglicher Jurisdiktion“ befreit ist, es sei denn, die OPEC hätte auf ihre Immunität als internationaler Organisation ausdrücklich verzichtet. Im September 2022 hat der VfGH diese Regelung für verfassungswidrig erklärt: Es verstößt gegen das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht (Art. 6 EMRK), arbeitsrechtliche Streitigkeiten mit der OPEC von der Zuständigkeit der österreichischen Gerichte auszuschließen, ohne dass die betroffenen Bediensteten Zugang zu einem angemessenen alternativen Streitbeilegungsmechanismus hätten (mehr dazu hier). 

Als Folge dieser Entscheidung des VfGH wurde das OPEC-Amtssitzabkommen mit 1. Juni 2024 geändert. Die OPEC genießt demnach weiterhin Immunität, sie ist jedoch verpflichtet, für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zwischen ihr und den Angehörigen oder ehemaligen Angehörigen ihres Personals einen unabhängigen und unparteiischen Streitbeilegungsmechanismus einzurichten. Tatsächlich hat die OPEC bereits im Oktober 2022 einen Beschwerdeausschuss für solche Streitigkeiten geschaffen. 

Der ehemalige OPEC-Mitarbeiter begründet seinen Antrag damit, dass der neue Beschwerdeausschuss nicht den Anforderungen des Art. 6 EMRK entspreche. Das Amtssitzabkommen verstoße daher weiterhin gegen das Grundrecht auf Zugang zu einem Gericht.

(SV 1/2024) 

Verbot der Schweinehaltung in Vollspaltenbuchten 

Ein Antrag mehrerer Landwirte wendet sich gegen das künftige Verbot von Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung.  

2023 hat der VfGH die vor einem solchen Verbot vorgesehene Übergangsfrist (bis 2040) als zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt aufgehoben (mehr dazu hier). Das Verbot tritt daher mit 1. Juni 2025 in Kraft, wenn der Gesetzgeber nicht bis dahin eine neue Regelung mit einer Übergangsfrist beschließt. 

Die Landwirte sehen sich gezwungen, für den Fall vorzusorgen, dass das Verbot tatsächlich mit Juni 2025 wirksam wird. Ein Verbot bereits ab dann verletze, so die Landwirte, das Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung, das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie den Gleichheitsgrundsatz.

(G 134/2024, V 71/2024) 

Weitere Fälle 

Der VfGH nimmt weiters seine Beratungen über einen Antrag, der die sogenannte Islam-Landkarte betrifft, und über einen Antrag bezüglich das Sterbeverfügungsgesetz bzw. die Mitwirkung an der Selbsttötung wieder auf.  

Steht ein Fall auf der Tagesordnung, bedeutet dies nicht automatisch, dass darüber in diesen Tagen entschieden wird. Die Entscheidungen des VfGH werden nach Ende der Beratungen den Verfahrensparteien zugestellt. Erst danach kann der VfGH darüber informieren. 

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