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VfGH befasst sich mit ORF, Untersuchungsausschuss, Asylfällen

13.09.2024

Öffentliche Verhandlung zum Thema Sterbeverfügung und Hilfeleistung zur Selbsttötung

In den nächsten Wochen berät der VfGH über mehrere hundert Anträge und Beschwerden, darunter die folgenden:  

„Presseclub Concordia“ sieht KommAustria auch für Kontrolle der Bestellung von ORF-Organen zuständig 

Der „Presseclub Concordia“ wendet sich mit einer Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, wonach die Bestellung der Mitglieder des Publikumsrates durch die zuständige Medienministerin nicht von der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) überprüft werden kann. 

Im Juni 2022 hatte der Presseclub bei der KommAustria beantragt, mehrere Verstöße gegen das ORF-Gesetz festzustellen. Die Ministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien habe Personen als Publikumsräte des ORF bestellt, die die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllten. Zweitens hätten diese Publikumsräte an der Bestellung von Stiftungsräten mitgewirkt, die daher ebenfalls gegen das ORF-Gesetz verstoße. Drittens ist dem Presseclub zufolge auch die Wahl des Vorsitzenden des Stiftungsrates als rechtswidrig anzusehen: An dieser Wahl hätten nämlich sowohl Stiftungsräte teilgenommen, deren Bestellung gegen das ORF-Gesetz verstoßen habe, als auch solche, die den Anforderungen an ihre Unabhängigkeit nicht entsprächen.

Die KommAustria sah sich jedoch u.a. deswegen als nicht zuständig, da es keine verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage dafür gebe, die Bestellung zu überprüfen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) bestätigte diese Entscheidung. 

Der „Presseclub Concordia“ ist hingegen der Ansicht, dass die KommAustria jede Verletzung des ORF-Gesetzes wahrzunehmen habe. Die Zurückweisung ihrer Beschwerde durch das BVwG verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Recht auf Kommunikationsfreiheit und das Bundesverfassungsgesetz über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks.

(E 1512/2024) 

Islam-Landkarte: Datenschutz versus Recht auf Freiheit der Wissenschaft 

Die Universität Wien sieht durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) zur sogenannten Islam-Landkarte das Recht auf Freiheit der Wissenschaft und Meinungsäußerung verletzt.  

Das Institut für Islamisch-Theologische Studien der Universität führt ein Forschungsprojekt durch, in dessen Rahmen auf einer digitalen, interaktiven Österreichkarte die Standorte muslimischer Einrichtungen markiert sind. Beim Anklicken von Markierungen bzw. über einen weiteren Link werden Informationen über die jeweilige Einrichtung angezeigt, etwa eine Kurzbeschreibung, ihre Adresse und ihre Zahl im Zentralen Vereinsregister (ZVR-Zahl). Ziel des Projektes ist es, einen Überblick über die islamischen Vereine in Österreich zu geben.

Gegen diese Veröffentlichungen erhoben mehrere der auf der Karte genannten Vereine sowie natürliche Personen eine Datenschutzbeschwerde, da ihr Recht auf Geheimhaltung verletzt sei. 

Das BVwG gab dieser Beschwerde statt. Bei einigen der veröffentlichten Vereinsanschriften handle es sich nämlich um die Privatadressen natürlicher Personen, die sonst nicht allgemein zugänglich seien. Eine Abwägung zwischen den Grundrechten auf Wissenschaftsfreiheit bzw. Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Recht auf Geheimhaltung andererseits führe zu dem Ergebnis, dass die Veröffentlichung dieser Adressen bzw. ZVR-Zahlen nicht verhältnismäßig sei. Um das Ziel des Forschungsprojekts zu erreichen, hätte es, so das BVwG, auch gereicht, das jeweilige Bundesland anzugeben.  

Die Universität Wien wiederum verweist auf die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Wissenschaft und der Meinungsäußerung. Die auf der Website veröffentlichten Daten stammten nämlich aus Vereinsregistern und anderen öffentlichen Quellen und seien damit allgemein verfügbar. An diesen Daten bestehe daher kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse. Im Übrigen sei die Veröffentlichung dieser Daten gerechtfertigt, weil sonst der Zweck des Forschungsprojektes nicht erreicht werden könne.

(E 2106/2024) 

Beschwerde gegen „denkunmögliche“ Beugestrafe 

Ein pensionierter Beamter des Innenministeriums bekämpft vor dem VfGH eine Beugestrafe wegen Aussageverweigerung vor einem Untersuchungsausschuss. 

Der Beschwerdeführer sollte am 13. März 2024 vor dem ROT-BLAUER Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss des Nationalrates Fragen zu bestimmten Vorgängen im Innenministerium beantworten. Er verweigerte jedoch die Aussage und begründete dies unter anderem damit, dass der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses verfassungswidrig sei. Daraufhin verhängte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) auf Antrag des U-Ausschusses gegen den Beamten Beugestrafen wegen ungerechtfertigter Aussageverweigerung.

Der Mann sieht sich durch diese Entscheidungen des BVwG in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt. Das BVwG habe verkannt, dass Fragen zu einem verfassungswidrigen Untersuchungsgegenstand nicht zulässig sein könnten; die Verhängung der Beugestrafen sei daher „denkunmöglich“.

(E 1781/2024, E 1782/2024) 

Weitere Fälle 

Der VfGH berät weiter über den Antrag eines Kärntners, der sich gegen die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Slowenien in den Jahren 2021 und 2022 richtet (mehr dazu hier). 

Auf der Tagesordnung stehen auch wieder zahlreiche Asylfälle. So wird sich der VfGH mit der Beschwerde einer syrischen Staatsbürgerin befassen, deren Asylantrag mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass sie bereits in Bulgarien des Status einer subsidiär Schutzberechtigten erhalten hat. Ein weiterer Fall betrifft einen Syrer, dessen Asylantrag mit der Begründung abgewiesen wurde, dass sich die Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Betroffenen (Damaskus) wesentlich verbessert habe.

(E 1216/2024 bzw. E 3587/2023) 

Öffentliche Verhandlung betreffend Sterbeverfügung sowie Hilfeleistung zur Selbsttötung 

Am 19. September findet eine öffentliche Verhandlung zum Sterbeverfügungsgesetz sowie zum Verbot der Hilfeleistung zur Selbsttötung statt. Weitere Informationen dazu finden Sie hier

Steht ein Fall auf der Tagesordnung, bedeutet dies nicht automatisch, dass darüber in diesen Tagen entschieden wird. Die Entscheidungen des VfGH werden nach Ende der Beratungen den Verfahrensparteien zugestellt. Erst danach kann der VfGH darüber informieren. 

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