VfGH-Entscheidungen über Beschwerden mit Bezug auf die Informationsfreiheit
Der VfGH hat Bedenken, dass eine Bestimmung des Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetzes (WiEReG) verfassungswidrig sein könnte. Er hat daher von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren zu § 10 und § 10a WiEReG eingeleitet.
Anlass dafür ist die Beschwerde eines Journalisten, dessen Auskunftsbegehren vom Finanzminister abgewiesen wurde, weil gemäß dem Gesetz Journalisten kein Recht auf Einsicht in die angeforderten Daten hätten.
Gemäß § 10 Abs. 2 WiEReG können Organisationen und natürliche Personen – also auch Journalisten – Daten zu bestimmten Rechtsträgern abfragen lassen, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Ein solches Interesse ist bei Journalisten nur im Zusammenhang mit der Verhinderung von Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung oder der Durchführung von internationalen Sanktionsmaßnahmen anzunehmen. Das Einsichtsrecht ist zudem auf bestimmte in § 10 Abs. 1 WiEReG aufgezählte Daten beschränkt.
Der VfGH hat u.a. Bedenken dagegen, dass Personen mit anderen berechtigten Interessen kein Einsichtsrecht haben und dass das Einsichtsrecht für Personen mit berechtigtem Interesse auf bestimmte Daten beschränkt ist. Auch könnten, so der VfGH, Daten, für die Journalisten kein Einsichtsrecht haben, dennoch von öffentlichem Interesse sein: Etwa, ob nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten die wirtschaftlichen Eigentümer nicht festgestellt und überprüft werden konnten.
Diese Einschränkungen scheinen, so die vorläufige Position des VfGH, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK) in unverhältnismäßiger Weise zu beschränken.
Der VfGH holt zu diesen Bedenken in den nächsten Wochen eine Stellungnahme der Bundesregierung ein. Sobald diese Stellungnahme vorliegt, wird der VfGH die Beratungen im Gesetzesprüfungsverfahren aufnehmen und entscheiden, ob seine Bedenken begründet sind.
(E 2888/2024)
Auskunftsbegehren eines Journalisten: Verletzung im Recht auf angemessene Verfahrensdauer
Der VfGH hat der Beschwerde eines Journalisten stattgegeben, der seit Oktober 2016 vom Magistrat der Stadt Wien Auskunft über die im Jahr 2016 gesammelten Vorschläge zur „Wiener Struktur- und Ausgabenreform“, einem Programm zur Verbesserung von Verwaltungsabläufen, erhalten möchte. Der Journalist hatte zwar Einsicht in diese Vorschläge bekommen, jedoch ohne davon Fotografien oder Kopien machen zu können. Damit sieht er sein Recht auf Informationsfreiheit und auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist verletzt.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass über seine zivilrechtlichen Ansprüche in angemessener Frist entschieden wird. Auch das Recht auf Zugang zu Informationen bildet einen solchen Anspruch, wenn die gewünschte Information für die Ausübung einer journalistischen Tätigkeit relevant und das Recht auf Zugang zur Information im staatlichen Recht verankert ist, wie der VfGH im Anschluss an die Rechtsprechung des EGMR festhält.
Das – wiederholt über mehrere Instanzen geführte – Verfahren des Journalisten hat bisher über sieben Jahre gedauert. Diese Verfahrensdauer ist unangemessen lang. Abgesehen davon ist nach dem Wr. Auskunftpflichtgesetz eine Auskunft spätestens 8 Wochen nach dem Begehren zu erteilen. Daher hat der VfGH festgestellt, dass das Recht des Journalisten auf angemessene Verfahrensdauer verletzt worden ist.
Hinsichtlich der Frage, auf welche Art und Weise der Magistrat die Auskunft zu erteilen hat, hat der VfGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Der Journalist hat nun die Möglichkeit, in diesem Umfang Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) einzulegen.
(E 942/2024)